KinoKabaret
Ein Haufen Menschen aus aller Welt trifft sich um Kurzfilme zu machen. Soweit so gut. Das ganze für eine Woche. Alright! Ohne Budget. Uhm? Alle 48 Stunden ist ein Screening. Wie bitte? Es gibt nichts zu gewinnen. Was?
Das ist das KinoKabaret!
Die Idee stammt aus Kanada. Kurz vor dem Jahrtausendwechsel und als die Welt dachte, die Computer schaffen es nicht auf 2000 umzuspringen überlegten sich die Kanadier:innen was man mit der restlichen Zeit, die man hatte, machen möchte. Sie kamen auf die Idee in dem verbleibendem Jahr viele, viele Kurzfilme zu produzieren. Die Welt ging am Ende nicht unter und die Idee blieb: viele Kurzfilme machen, in kurzer Zeit, ohne Budget. Das Kinokabaret wurde von den Kanadier:innen auf dem KurzfilmFestival in Hamburg 2001 vorgestellt. Wir liebten die Idee und gemeinsam infizierten wir halb Europa mit dieser tollen Veranstaltung. Innerhalb eines Jahres finden zahlreiche KinoKabarets auf der ganzen Welt statt.
Eine Runde KinoKabaret
Wie kann das funktionieren? Hier ein Beispiel wie wir es in Hamburg machen: Wir verkünden, wann wir ein KinoKabret veranstalten. Die Leute melden sich online an. Am ersten Tag kommen die Menschen zusammen und lernen sich kennen. Manche kennen sich von langen Dreh- und Schnittnächten auf einem KinoKabaret eines anderen Landes, andere aus dem letzten Kabaret in Hamburg. Wer sich online angemeldet hat bekommt ein Badge, womit man später auch ins Kino kommt, Neue registrieren sich am Empfangstresen.
Projektrunde
Lukas, der Initiator des Ganzen, begrüßt die Gäste und wiederholt die Regeln des Kabarets. Das Meiste ist „Comon Sense“ aber dennoch obligatorisch: Sei kein Arsch, räum nicht nur deinen Müll auf, geschnitten wird im KinoLab und nicht Zuhause, spiel dich nicht auf, keine Ismen, wir sind alle wegen des Spaßes hier, es gibt nichts zu gewinnen außer Erfahrungen und Freundschaften.
Danach stellen sich die Darsteller:innen vor und anschließend die Regiseur:innen, die ihre Projekte und was sie zur Produktion noch benötigten „pitchen“. Die Projekte werden auf einer Tafel aufgeschrieben. Manche haben sich schon Gedanken gemacht, andere haben nur eine vage Idee aber Lust. Uns alles egal, hauptsache der Film wird pünktlich fertig. Maximallänge der Filme: 6 Minuten.
Zwei Beispiele:
„Hi, ich bin Marta aus Helsinki, ich möchte einen Kurzfilm über Entscheidungsfindung drehen. Ich habe Kamera und Darsteller:innen aber suche ein großes Tuch in blau, ne gelb.“
„Hello I’m Meli, I’d love to shoot a horror movie. I’m looking for a puppet, a clock, a very big metal spoon and Pepermint Oil. Also a Boom Operator and a DOP.“
Nach dem alle Projekte vorgestellt und aufgeschrieben wurden geht es los. Wer an einem Projekt interessiert ist, sucht die verantwortliche Person und bietet Stativ, Kreativität oder einfach nur Hilfe an. Andere schauen nochmal auf die Tafel um sich an einem Filmprojekt zu beteiligen. So bilden sich die Teams. In diesen wird geplant, verbessert, verschlimmbessert, alles wieder zurückgenommen und vor allem wird gestartet. Es ist nicht viel Zeit.
Drehen
Idee: Check! Kamera: Check! Tonequipment: Check! Kunstblut: Check! Wegbeschreibung: Check! Ob sie ein Stopmotion Film, ein Musikvideo, oder eine Soap drehen, wenn das Mindeste für den Dreh vorbereitet ist, ziehen die Teilnehmenden los. Sie gehen in Parks, auf den Friedhof, in privat angefragte Räume oder ums Eck. Beim respektvollen Miteinander entstehen so die Aufnahmen, die am Ende einen Kurzfilm ergeben sollen. Ansonsten haben wir wenig Einblick. Wir wissen nur, dass die meisten Leute großen Spaß hatten. Manche sind schnell fertig und schneiden am selben Tag, andere kommen erst Nachts zurück, wieder andere gehen für ihre Nachtszene abends erst los. Allen merkt man den Spaß an.
Schneiden im Lab
Die Kurzfilme werden alle im sogenannten KinoLab geschnitten. Hier schauen sich die Teilnehmenden ihre Aufnahmen an. Es wird viel gelacht, aber auch gedacht. Hier klärt sich ob der Film funktioniert, ob schlimmstenfalls schnell nachgedreht werden muss oder ob die „Post“ das alles hinbekommt. Expert:innen verraten ihre Tricks, Anfänger:innen probieren sich aus, wer fertig ist hilft Anderen bei Bedarf. Die Uhr tickt jetzt spürbar.
Chillen
Meist, während die Filme geschnitten werden, gibt es auch Zeit sich näher kennenzulernen, Geschichten vom Dreh auszutauschen, sich die Stadt anzugucken oder mal ein Nickerchen zu machen
Screening
Die letzten Stunden vor dem Screening fühlen sich an wie Minuten. Manche sind schon beim Color Grading andere verzweifeln an der Tonmischung, wieder andere haben schon ihr Werk abgegeben und trinken entspannt ihren ersten Drink. Im Gegensatz zur Tonmischung ist Color Grading ein Luxus und kein Muss. Nochmal: Hauptsache die Filme sind pünktlich zum Anschauen bereit! Einige Wenige schaffen es nicht in der Zeit fertig zu werden. Leider fallen diese Filme, aus Respekt für die Besucher:innen, aus dem Programm des aktuellen Screenings. Das passiert aber selten, da das ganze kein Wettbeweb ist helfen sich die Leute gegenseitig und bringen so das Projekt gemeinsam ins Ziel. Das gemeinschaftliche Werk auf der Leinwand zu sehen ist ein großartiges Gefühl. Endlich ist die Idee aus dem Kopf, endlich hat man den Arsch hochbekommen. So entstehen innerhalb einer Runde schon ca. 30 Kurzfilme, die es vor zwei, drei Tagen noch nicht gegeben hat!
Das wars! Ach ne, es gibt ja noch drei Runden! Also alles wieder von vorn!